Der interne Offline-Modus: ein abgeschlossenes und doch fruchtbares Gelände

Newsletter  |  Oktober 2016

online – offline – digital – Zeitalter – social … Alles ist miteinander verwirbelt, und wenn man in der Bäckerei steht und seine Brötchen kauft, steht garantiert jemand in der Nähe, der gerade Touchscreen-gebunden beschäftigt ist.

Das ist aber heute nicht unser Thema, sondern führt uns nur in die Richtung: zu einer inneren menschlichen Disposition, eine Sicht auf die Welt, die sinngemäß so etwas sagt wie: „ich bin allein, eigentlich hat alles keinen Zweck, immer wieder neue Zumutungen, wozu soll ich mich noch engagieren?“.

Diese Disposition, dieser innere Modus hieß für uns bisher (auch in unserem Buch) Schmerzkörper. Erst vor kurzer Zeit haben wir einen eher unauffälligen und im Alltag anschlussfähigeren Begriff gefunden und sprechen jetzt vom internen Offline-Modus. Als Thema vielleicht nicht auf Anhieb prickelnd, als Phänomen aber in unser aller Leben präsent – wenngleich auch da eher

nicht geliebt, dafür aber umso mehr gepflegt. Denn so sind wir Menschen nun mal: bipolar gebaut, so dass es nicht nur den angenehmen, interessanten und lebenslustigen internen Online-Modus gibt, sondern auch sein Gegenstück, den internen Offline-Modus. Wollte man ihn ausblenden, würde zumindest ein wichtiges Kontrastmittel fehlen.

Wenn Sie Lust haben, begeben Sie sich mit uns auf die Reise.

Das darf doch nicht wahr sein 

ist es aber vermutlich doch: Plötzlich sieht die Welt gar nicht mehr schön aus. Zuerst wird es nur ein bisschen unangenehm und ein bisschen bedrohlich, aber dann ein bisschen unangenehmer und ein bisschen bedrohlicher, und ganz schnell sieht alles sehr düster aus. Wenn man mit den Augen dieses Zustands sieht und mit seinen Ohren hört, findet man tatsächlich auch unumstößliche Beweise dafür, dass vieles schlecht ist, nicht funktionieren kann, und dass man es eigentlich auch niemals hätte anfangen sollen. Fast immer findet man auch (andere) Schuldige dafür.

Die Lebensorientierung ist weg

Im Offline-Modus ist die Verbindung gekappt – die Verbindung zum Sinn dessen, was man tut, und damit zu allem, was Sicherheit gibt, neugierig auf Überraschungen macht, einen mit anderen Menschen oder der Natur verbindet. Zu dem, was mit Zuhause gemeint ist, was uns berührbar werden lässt und was uns im Kern ausmacht.

All das ist zwar nicht plötzlich verschwunden, aber unzugänglich geworden. Wir sind einfach im Offline-Modus und nicht mehr empfänglich für positive Resonanz. Dann besteht die Natur nur noch aus schlechtem Wetter, Misstrauen scheint vernünftiger zu sein als Vertrauen, und ein Sinn in allem ist kaum noch erkennbar.

Kalte Wahrheiten

Allein und unerreichbar sein: im Führungsalltag eine Grundgegebenheit, die sich in einsamen Entscheidungen zeigt.

Wie auch der interne Online-Modus ist der Offline-Modus in uns angelegt und läuft immer mit. Der Zugang zu beiden liegt an derselben Stelle; man entscheidet sich nur für die eine oder eben die andere Abzweigung. Gerade der Offline-Modus nutzt mit großer Energie alle Möglichkeiten:

  • Er ist ansteckend; man kann ihn füttern, päppeln, aufbauen. Wenn man das nicht tut, macht er es auch gern selber.
  • Wie ein schwarzes Loch saugt er alles in sich hinein, und im Handumdrehen bleiben auch von positiven Erlebnissen nur negative Empfindungen zurück.
  • Er ist ein Vermehrer und Vergrößerer, indem er vom Selben immer mehr produziert.
  • Er ist ein talentierter Beurteiler, wenn es ums Ausscheiden und Ablehnen geht.
  • Er trifft gern abrupte Entscheidungen: Pflanze hat keine Blüten, rausreißen! Bringt keine Leistung, weg damit!
  • Er ist ein Hellseher und sagt gern voraus, was alles schrecklich wird.
  • Mit ganzer Kraft unterstützt er Führung im ZickZack-Modus: Ankündigungen, Zusagen, große Aussichten – und dann nichts mehr.

Lichter der Hoffnung: Wahrnehmung! Bewusstsein! Lebendigkeit!

Was hilft im Offline-Modus? Es gibt einige Möglichkeiten:

  • akzeptieren und respektieren, dass man gerade da ist, wo man ist
  • sich ganz in den Zustand hineinbegeben, sich vielleicht sogar fallen lassen
  • einräumen, dass er nur der zweitbeste Zustand ist
  • wenn es genug ist: entscheiden, zum besten Zustand aufbrechen zu wollen und in Bewegung zu kommen
  • die Neugier auf Überraschungen zulassen
    aufmerksam alles wahrnehmen, was berührt, entzückt, öffnet, bewegt …

Zum Wendepunkt kommt man schließlich durch bewusste Stille, in der man den Körper spürt, in der alles klingen kann. Indem man praktische Verrichtungen (Excel, Buchführung, Terminplanung, Kontakte pflegen oder den Hof fegen) mit vollem Bewusstsein tut und bereit ist, auch Kleines und Unwesentliches zu sehen und sich überraschen zu lassen.

Und das digitale Zeitalter?

Die zentrale Frage heißt: in welchem inneren Modus bin ich, wenn ich digital online bin? Bin ich auch intern online? Dann werde ich ziemlich bewusst mit den Medien umgehen und beim Netzwerken positiv verstärken, weiterentwickeln, verbinden. Bin ich dagegen intern gerade offline, werde ich mich eher verlieren, nicht erreichbar und nicht verlässlich sein und Verantwortung von mir wegschieben.

Allein das Bewusstsein des jeweiligen internen Modus erleichtert das Leben enorm.