Viele werden es schon erlebt haben: Mit klarer Entscheidung, festem Willen und vielleicht sogar begeistert wird ein Projekt gestartet. Es läuft gut an, und ein Rhythmus spielt sich ein. Bis irgendwann, mitten auf der Strecke, der Rhythmus abbricht, als sei der Strom abgedreht: Auf Nachfragen gibt es keine Antworten mehr, Verantwortliche finden Ausreden und Gründe – und tauchen ab. Und das war’s dann.

Wer sich schon mal in Musik oder Sport mit Spielfluss beschäftigt hat, weiß vermutlich, dass zu allem ein angemessener Rhythmus gehört. Er strukturiert die Abläufe und trägt den Fluss des Spielens.

Könnte es sein, dass in vielen Projekten die Bedeutung von Rhythmus-Instrumenten unterschätzt wird? Gibt es einen Rhythmus, der im Kalender sichtbar ist? Zeigt sich ein Rhythmus in zeitnaher Kommunikation zu Vor- und Nachbereitung von Meetings? Fließt es, oder gibt es Störungen und Crashs?

Rhythmus halten & Resonanz
 

 

Ein Rhythmus wird meistens dann auffällig, wenn er fehlt. Denn dann vermisst man ihn. Wenn man ihn erlebt, denkt man gar nicht an ihn, sondern ist einfach zufrieden damit, dass es gut läuft: Es gibt Resonanz, der Prozess läuft geschmeidig. Und der Sinn dessen, was man tut, bleibt gut im Fokus.

Wenn man sich in Neuland begibt, mit Projekten wie zum Beispiel New Work und Leadership-entfalten, ist ein Rhythmus nicht schon da.

Er muss von den Führenden und Beteiligten durch das Gestalten ihrer Beziehungen und der daraus entstehenden Resonanz entwickelt werden. Wie das gelingt, könnte damit zu tun haben, ob man den beteiligten Menschen Wohlwollen entgegenbringt, oder ob man sie eher als notwendige Übel empfindet.

Fall 1: kein Rhythmus

Fall 1: kein Rhythmus

Sehen wir uns eine Organisation an, die als Berufsverband von ihrem Zweck her dem Wohl ihrer Mitglieder dienen will. Indem sie sie dabei unterstützt, qualitätsbewusst und zukunftsfähig zu arbeiten.

Ein lang ersehnter Führungswechsel kommt zustande, und ein Aufatmen geht durch die Mitgliederschaft – bei vielen gepaart mit Elan und Bereitschaft zu eigenem Engagement. Ein Neubeginn, der genutzt werden will.

Aber nach und nach, unmerklich fast, läuft es immer weniger rund. Die Mitglieder fühlen sich weder in ihren Aktivitäten unterstützt, noch finden sie einen sicheren Raum, in dem das und vieles andere offen kommuniziert werden könnte.

Die Führungscrew scheint keine regelmäßige gemeinsame Arbeitsweise zu finden; Kommunikation fließt nicht, Informationen gehen verloren, Meetings finden fast nur ad-hoc statt.

Das Engagement der Mitglieder findet nur wenig Resonanz und kann so keine Dynamik entwickeln.

Vom Zauber des Anfangs ist nicht mehr viel zu spüren. Engagierte Mitglieder wenden sich frustriert ab. Wozu sind sie noch hier, wenn sie das Gefühl haben, weder etwas beitragen noch etwas lernen können?

Fall 2: Präsenz + Rhythmus

Eine Organisation startet New Work. Die Geschäftsführung ist präsent und aktiv, und auch die zweite und dritte Führungsebene sind mit im Boot. Nach einer Reihe von Workshops zu Leadership-entfalten beginnt die Etappe, in der das Gelernte in den Alltag integriert werden soll.

Um dazu allen Beteiligten eine Möglichkeit zum Dranbleiben zu geben, führt die Projektleitung ein spezielles Meeting-Format ein: eine Art Pitstops. Zum Auftanken gedacht, zum Pflegen und Ausprobieren der gelernten Werkzeuge, zum Austausch über Aktuelles – und auch um das WIR zu stärken. Ein regelmäßiger Rhythmus der Treffen soll Verlässlichkeit geben, damit niemand sich unterwegs allein fühlen muss.

Fein überlegt und geplant! Aber schon der erste Termin kommt nicht zustande, niemand meldet sich an. Dafür gibt es gute Gründe: Terminkollisionen, Zeitnot, Missverständnisse, zu wenig Information …

Den folgenden Terminen ergeht es nicht besser; es scheint einfach kein Interesse für dieses rhythmische Arbeiten zu geben. Überrascht und vielleicht auch enttäuscht bläst die Projektleitung das Meeting-Format ab.

Was nun? Austausch und Weiter-entfalten werden dringend gebraucht, damit das neu Gelernte im Alltag ankommen kann.

Fall 2: Präsenz + Rhythmus

Alternativer Rhythmus

Da melden sich einige Führungspersonen der dritten Ebene, die konsequent weiterarbeiten und sich dafür auch einsetzen wollen.

Sie gründen eine informelle Arbeitsgruppe und bekommen dazu auch sofort den „Segen“ der sehr erfreuten Projektleitung und auch der Geschäftsführung. Eine feste Basis, auf der sie loslegen können.

Und das tun sie. Die Gruppe kommt im Kreis der Kolleginnen und Kollegen gut an. Ihre Einladungen zu lockeren kleinen Gesprächsrunden werden als Highlights im Alltag gern angenommen.

Wie von selbst entwickelt sich sogar ein Rhythmus, in dem sich unterschiedliche Gruppierungen zum Austausch treffen. Über Leadership-entfalten wird gar nicht gesprochen, hier wird es einfach praktiziert.

Das lässt Vertrauen wachsen und mehr abteilungsübergreifendes Verständnis für einander. Das WOZU und das WIE des Zusammenarbeitens bekommen immer wieder volle Aufmerksamkeit.

Alternativer Rhythmus

Servant Leadership?

Servant Leadership?
Servant Lewadership?
„Dienendes Führen“ als Führungsphilosophie hat das Wohl der Mitarbeitenden im Blick: Ermutigung und positives Verstärken ersetzen enge Vorgaben und Kontrolle. Das kann sehr erfolgreich sein – wenn es zur Kultur passt.

Beim Verband aus Fall 1 scheint es nicht so zu gut zu passen; da fehlt ein rahmender Rhythmus, auf den sich alle zuversichtlich verlassen könnten. Das Führungshandeln bewegt sich eher in einem ZickZack-Modus.

Ganz anders sieht es in Fall 2 aus. Hier könnte man die Projektleitung und die Mitglieder der Arbeitsgruppe fast schon als „verrückte Enthusiasten“ sehen: „Ihr habt wohl nicht genug zu tun und wollt euch hier eine Bühne bauen?!“

 

Aus der Perspektive solcher Enthusiasten sieht es so aus, als bringe sich die Führungscrew aus Fall 1 um ihren eigenen Erfolg.

Den Erfolg einer Kultur, in der man in verlässlichem Rhythmus zusammenarbeitet und sich gegenseitig unterstützt. In der man erleben kann, wie anders sich auf diese Weise arbeiten lässt. Wie wohltuend Resonanz wirkt. Wieviel Sicherheit durch Wohlwollen und Gemeinsames entstehen kann. Und wie weit die Anziehungskraft einer solchen Kultur dann strahlt.

Solches Führen braucht als Basis Inneres Management der Führenden – und auch der Geführten. Ein eigenständiges individuelles Leadership-entfalten gibt dem Führen und Zusammenarbeiten eine zusätzliche Tiefe – auch im Erleben von Erfolgen und Misserfolgen.

Dazu gehört ein bewusstes Wahrnehmen dessen, was im eigenen Inneren und im umgebenden Feld geschieht.

Man könnte sich zum Beispiel fragen:

-> Kann ich Resonanz spüren?

-> Was sagt sie mir?

-> Fehlt hier etwas?

-> Gibt es von etwas anderem zu viel?

-> Wo will das wirklich hin?

-> Wozu ist das gut?

-> Meldet sich gerade etwas, das ich bisher nicht wahrnehmen konnte?

So zu arbeiten, führt schon fast automatisch zu einer Art Rhythmus. Einem Rhythmus im Gestalten von Beziehungen, und einem Rhythmus im Arbeiten mit Felddynamiken.