Gelingende Kommunikation erlöst chronische Probleme

Newsletter  |  Juli 2018

Manchmal werden selbst die besten Teams durch interne Spannungen und Konflikte so geschüttelt, dass alle am liebsten nur noch weg wollen. Oder ein paar andere „ausschalten“ wollen. Oder das Ganze kopfschüttelnd als Kindergarten bezeichnen (vermutlich nicht wissend, dass das ein kommunikativ meist eher hoch entwickelter Ort ist).

Aber sind das nicht Phänomene, die nur in „schwachen“ Teams passieren? Sollte man alles tun, damit es so etwas gar nicht gibt?  Soll man es durch Erziehung und Verhaltenstraining ausmerzen?

Oder ist da vielleicht noch etwas anderes?

Zeichnen sich vielleicht gute Teams gerade dadurch aus, dass sie Konflikte durchwandern können?

Entdecken sie vielleicht genau dabei etwas, das sie sonst nicht entdeckt hätten? Das sie weiterführt und auf Wachstumskurs hält?

Ein Fall mit Knall

Das Fünfer-Führungs-Team wirkte schon lange zusammen, als ein massives Ereignis im Geschäftsbetrieb alle laufenden Projekte in den Hintergrund stellte und für mehrere Wochen volle Fokussierung forderte. Alle fünf setzten sich voll ein, und es gelang, mit den widrigen Umständen umzugehen. Ein Ergebnis kam zustande, das bei den Stakeholdern positiv vermerkt wurde und auch außerhalb überraschend gutes Feedback brachte.

Aber als alle sich wieder ihren Alltagsprojekten zuwandten, kam plötzlich eine Reihe von Konflikten hoch: die eine grätschte in das Feld eines anderen, ein anderer agierte als Opfer und klagte an, und einer reagierte auf alles extrem aggressiv. Von außen betrachtet völlig unverständlich, wo sie doch in der existentiellen Krise so sichtbar gut zusammengearbeitet hatten. Auch ihnen selbst unverständlich, hatten sie gerade doch gemeinsam eine gute Erfahrung gemacht.

Die Konflikte nahmen innerhalb kürzester Zeit so zu, dass das weitere Zusammenarbeiten im Team in Frage gestellt wurde.

Scharfe Waffen im administrativen Alltag

Was war passiert? Alle fühlten sich unter Zeitdruck, und jede/r reagierte auf eigene Weise. Der eine tauchte ab und beklagte seine Zeitnot (8o Stunden-Woche, 200 Mails am Tag). Eine präsentierte „fertige“ Ergebnisse, die zwar alle betrafen, an denen aber niemand mitwirken konnte (Thema erledigt, habe keinen Sprechbedarf). Einer schrieb pausenlos Mails, in denen er sein Vorgehen und seine Absichten minutiös schilderte und sich über fehlendes Feedback beklagte. Der Rest blieb stumm und ließ Termine verstreichen (ich kann nicht alles lesen).
Schließlich rief jemand das Wundermittel „Sachlösungen“ aus (Hauptsache, die Prozesse werden effizient runtergearbeitet). Verbunden mit dem Aufruf, jetzt bitte professionell zu handeln.

„Das darf nicht passieren“ oder das chronische Problem

Die Situation war ziemlich verheddert, und gleichzeitig wirkte untergründig etwas weiter, das immer neue Probleme hervorbrachte.
Die klassische Situation eines schon lange ungelösten chronischen Problems. Es wirkt immer weiter und meldet sich immer wieder, wird nie angefasst und schon gar nicht gelöst: „Wenn das bekannt würde, würde alles kollabieren“ oder „Konflikte sind ein Zeichen von Schwäche“.

Die Möglichkeiten einer guten Konfliktkultur

Es gibt ein goldenes Prinzip fürs Zusammenarbeiten: Wenn ein Problem sich meldet, soll es gehört werden. Es wird dann vielleicht nicht sofort gelöst, aber seine Existenz wird anerkannt und man kann sich engagieren, so dass der Weg zur Lösung beginnt.
Hilfreich ist dabei der interne Online-Modus. Er macht es möglich, sich dem Konflikt zu stellen, im Sinne von „Wohin will uns das führen? Es testet unsere Grenzen und Möglichkeiten, damit wir entdecken, was jede/n von uns und uns gemeinsam hier weiterbringt“.

Gute Konfliktkultur braucht gelingende Kommunikation

Die Beteiligten müssen bereit sein, auf die Kommunikation zu sehen. Auf das, was reinkommt. Auf das, was rausgeht. Auf das, was zwischendrin passiert. Darauf, wie es einem selbst geht. Darauf, wie sich das Ganze anfühlt.
Weiterführendes Feedback zu geben (siehe 9 Tipps zum Feedback) ist ebenfalls hilfreich. Und dann noch die Sichtweise, dass man vielleicht doch zusammengehört (siehe 9 Tipps zur Team-Kultur), und dass genau das für andere wichtig ist.

Das Wunder

Und was passierte in dem krassen Konfliktfall, in dem natürlich für all diese Überlegungen kein Platz war? In dem Appelle in diese Richtung vermutlich übergriffig und endgültig zerrüttend gewirkt hätten. Nein, so weit war das Team noch nicht.
Was die Trendwende brachte, war ein facilitierter Prozess, der den Zeitdruck thematisierte. Der Schmerz des Zeitdrucks verband alle Beteiligten. Die fünf entdeckten auf jeweils eigene Art, dass ein anderer Umgang mit Zeitdruck ihnen bringen konnte, was sie sich wünschten: Effizienz, Effektivität und entlastendes Zusammenarbeiten. Das gab den Anstoß, der eigenen Teamkultur die entscheidende Aufmerksamkeit zu geben.